Man sagt oft, dass wenn man etwas nur oft genug wiederholt, dann werden die Leute daran glauben, auch wenn es falsch ist. Das scheint jedenfalls auf einige oft wiederholte Klischees über Gottes Liebe zuzutreffen. Betrachten wir die folgenden Aussagen, die in unseren christlichen Kreisen so oft mit langem Nachhall erklingen:
1.) Gott liebt jeden Menschen bedingungslos 2.) Gott liebt alle Menschen gleich 3.) Du kannst nichts tun, um, dir die Liebe Gottes zu verdienen 4.) Die Liebe Jesu gründet nicht auf unseren Leistungen 5.) Du kannst nichts tun, aufgrund dessen Jesus aufhören würde, dich zu lieben 6.) Du kannst nichts tun, damit Jesus dich mehr oder weniger liebt, als er es jetzt tut
All diese Sätze haben wir immer wieder gehört, aber stimmen sie mit der Schrift überein? Schauen wir uns die folgenden Worte Christi an, die Er direkt an Seine eigenen Jünger gerichtet hat:
„Gleichwie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch geliebt; bleibet in meiner Liebe. Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, gleichwie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.“ (Joh 15:19-10 – Hervorhebung durch den Autor)
Beachtet das Bedingungswort „wenn“ in dieser Aussage. „Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben.“ Es ist die Verantwortung der Jünger Jesu, in Seiner Liebe zu bleiben; sie tun das, wie Er sagte, indem sie Seine Gebote halten. Nur jene, die Seine Gebote halten, bleiben in Seiner Liebe. Wenn wir Seine Gebote nicht halten, bleiben wir nicht in Seiner Liebe. Das bedeutet, dass die Liebe Jesu zu uns an eine Bedingung geknüpft ist; und es gibt keine Möglichkeit, diese Tatsache zu umgehen. (Auch andere Schriftstellen neben dieser, die wir in Kürze betrachten werden, bestätigen das.) Damit ist das erste Klischee, das wir überprüft haben – dass Gott jeden Menschen bedingungslos liebt – gemäß Christus falsch. Das griechische Wort für Liebe, das in diesen zwei Versen des Johannesevangeliums verwendet wird, ist übrigens „agape“, das oft als „bedingungslose Liebe“ definiert wird. Doch diese Definition ist gemäß diesen Versen offensichtlich falsch.
Aber sagt die Schrift nicht, dass Gott jene liebt, die Seine Gebote nicht halten? Was ist mit Joh 3,16: „So sehr hat Gott die Welt geliebt …“? Das muss doch heißen, dass Gott Sünder liebt, und das muss bedeuten, dass Seine Liebe ihnen gegenüber nicht an ihren Gehorsam gebunden ist.
Wie bringen wir also diese scheinbar widersprüchlichen Feststellungen über Gottes Liebe (einmal bedingt, einmal bedingungslos) zusammen?
Mir scheint, dass der einzige Weg, diese Aussagen zusammenzubringen, darin besteht, anzuerkennen, was wir aus unserer Erfahrung bereits als wahr erkannt haben: Liebe ist nicht gleich Liebe. Einmal ist Liebe an Bedingungen geknüpft, ein anderes Mal ist Liebe bedingungslos. Bedingungslose Liebe bezeichnet man auch als Barmherzigkeit, könnte also „barmherzige Liebe „ oder „barmherziges Wohlwollen“ genannt werden. (Wenn Dich jemand liebt, schenkt er dir sein Wohlwollen, und du erfährst Gutes durch dieses Wohlwollen.) In diesem Artikel nenne ich die bedingungslose Liebe „barmherzige Liebe“. Es ist eine Liebe, die sagt: „Ich liebe dich, trotz …“. Sie liebt Menschen, die es nicht verdienen. Das ist die Liebe, die Gott gegenüber jenen hat, die sich Ihm noch nicht unterworfen haben, die nicht wiedergeboren sind. Deshalb ist Seine „barmherzige Liebe“ zeitlich begrenzt; sie dauert nur so lange bis sie sterben. Gott hält ihr ganzes Leben lang Sein Gericht über sie zurück, und gibt ihnen Jahre Zeit zur Umkehr. Jesus hat Sein Leben für sie gegeben, damit es einen Weg für sie gibt, Vergebung zu erlangen. Innerhalb dieser Grenzen und auf diesem Weg kann gesagt werden, dass Gott sie liebt.
Aber es gibt auch eine an Bedingungen geknüpfte Liebe. Man kann sie auch als „Anerkennung“ (Bestätigung, Zustimmung) bezeichnen; man kann sie „anerkennendes Wohlwollen“ oder „anerkennende Liebe“ nennen, wie ich das in diesem Artikel tun will. Es ist eine Liebe, die verdient oder erarbeitet werden kann. Es ist eine Liebe, die sagt: „Ich liebe dich, weil du mein Wohlwollen verdienst.“
Gott liebt natürlich niemanden, der sich Ihm noch nicht unterworfen hat, mit einer „anerkennenden Liebe“. Oder anders gesagt: Gott hat ihnen gegenüber nie dieselbe Liebe wie ein Vater Seinem Kind gegenüber. Vielmehr sagt die Schrift: „Wie ein Vater sich über die Kinder erbarmt, so erbarmt sich Jahwe über die, welche ihn fürchten.“ (Ps 103,13; Hervorhebung durch den Autor). Gott hat also nur über jene väterliches Erbarmen, die Ihn fürchten (und das beinhaltet, dass sie Ihm deshalb auch gehorchen). Gott hat nicht dasselbe Erbarmen für die, die Ihn nicht fürchten. Seine Liebe zu Sündern gleicht eher der eines Richters für einen überführten Mörder, der die Todesstrafe in lebenslängliche Haft umwandelt.
Im Licht dieser Wahrheiten ist es klar, dass Gott nicht alle Menschen gleich liebt. Klischee Nummer zwei ist also auch falsch.
Unglücklicherweise unterliegen viele von uns dem Missverständnis, dass eine an Bedingungen geknüpfte Liebe überhaupt keine Liebe sei. Oder wir schätzen eine solche Liebe als minderwertig ein, indem wir sagen sie sei schlichtweg selbstsüchtig und im Widerspruch zur Liebe Gottes.
Die Wahrheit ist hingegen, dass Gott tatsächlich diese an Bedingungen geknüpfte Liebe hat, wie wir gerade aus dem Mund Jesu (Joh 15,9-10) vernommen haben: „Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben.“ Diese „anerkennende Liebe“ sollten wir also nicht verachten. „Anerkennende Liebe“ ist die vorrangige Form der Liebe, die Gott gegenüber seinen wahren Kindern hat.
Halte einmal inne und frage dich: „Über welche Art von Liebe, die mir Menschen entgegenbringen, würde ich mich mehr freuen: Barmherzige Liebe oder anerkennende Liebe?“ Ich bin sicher, du hättest lieber, wenn Menschen Dich lieben „weil …“ und nicht „trotz …“.
Hättest du es zum Beispiel lieber, wenn dein Ehepartner sagt: „Ich habe absolut keinen Grund, dich zu lieben, und an dir ist nichts, das mich motiviert, dir Wohlwollen zu zeigen“, oder „Ich liebe dich aus so vielen Gründen, denn an dir gibt es so viel, das ich bewundere“? Wir alle würden es natürlich bevorzugen, wenn unser Ehepartner uns mit einer „anerkennenden Liebe“ liebt, und dass das die vorrangige Art der Liebe ist, die Paare zusammenbringt und zusammenhält. Wenn es nichts gibt, das ein Mensch an seinem Ehepartner bewundert, wenn alle „anerkennende Liebe“ aufgehört hat zu existieren, dann bleiben nur wenige Ehen aufrecht. Wenn sie weiter bestehen, dann nur mehr aufgrund einer „barmherzigen Liebe“, die sich vom göttlichen Charakter des Gebers dieser Liebe ableitet.
Indem das alles so ist, sehen wir, dass eine „anerkennende“ oder „an Bedingungen geknüpfte Liebe“ in keiner Weise eine minderwertige Liebe ist. Während die „barmherzige Liebe“ die lobenswerteste Liebe ist, die man geben kann, ist die „anerkennende Liebe“ die lobenswerteste Liebe, die man gewinnen kann. Wir sollten uns deshalb mehr nach Gottes „anerkennender Liebe“ sehnen als nach seiner „barmherzigen Liebe“. Darüber hinaus stellt die Tatsache, dass der Vater Jesus gegenüber nur „anerkennende Liebe“ hatte, diese Liebe an den ihr zustehenden Ehrenplatz. Gott, der Vater, hatte nie auch nur einen Tropfen „barmherziger Liebe“ gegenüber Jesus, denn es gab niemals etwas nicht Liebenswertes in Christus. Jesus bezeugte:
Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, auf dass ich es wiedernehme. (Joh 10:17, Hervorhebung vom Autor)
Beachten wir die Worte „darum“ und „weil“. Beide weisen darauf hin, dass es eine Bedingung gibt. Der Vater liebt Jesus weil er gehorsam den Tod erduldete. Es kann also gar nichts falsch an der „anerkennenden Liebe sein“, sie ist vollkommen in Ordnung. Jesus erarbeitete und verdiente das Wohlgefallen Seines Vaters. (Übrigens: Das griechische Wort für Liebe ist auch hier „agape“, was beweist, dass man „agape“ nicht als bedingungslose Liebe definieren sollte.)
Gehen wir zurück zu Joh 15:9-10. Dort sehen wir, dass Jesus in der Liebe des Vaters blieb, indem er die Gebote seines Vaters gehalten hatte:
„Gleichwie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch geliebt; bleibet in meiner Liebe. Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, gleichwie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.“ (Joh 15:9-10, Hervorhebung durch den Autor)
Das ist also ein anderer Vers, der zeigt, dass der Vater Jesus mit „anerkennender Liebe“ liebte. Darüber hinaus, wie ich schon angemerkt habe, zeigt uns derselbe Vers, dass wir Jesu Beispiel folgen sollen, und in Seiner Liebe bleiben, indem wir Seine Gebote halten. Jesus spricht in diesem Abschnitt eindeutig von „anerkennender Liebe“, und sagt, dass wir Seine Liebe verdienen können und sollen, sowie dass wir uns durch Ungehorsam gegenüber seinen geboten aus dieser Liebe herausnehmen können. Noch einmal, das steht in völligem Widerspruch zu dem, was wir so oft hören, aber es kommt direkt aus dem Mund von Jesus. Das offenbart uns die Irrtümer der Klischees Nummer 3, 4, 5 und 6. Gemäß Jesus können wir Seine Liebe erarbeiten oder verdienen (Nr 3), ist Seine Liebe abhängig von unserer Leistung (Nr 4), gibt es etwas, dass Jesus veranlassen kann uns nicht mehr zu lieben (Nr 5), und dass es etwas gibt, dass bewirkt, dass Jesus und mehr oder weniger liebt (Nr 6).
Natürlich hebt sich Gott für Seine Kinder eine Menge „barmherziger Liebe“ auf. Wenn wir sündigen, züchtigt Er uns barmherzigerweise nicht sofort. Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist Er treu und gerecht, um uns barmherzigerweise zu vergeben und uns von aller Ungerechtigkeit zu reinigen (1.Joh 1,9). Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass Jesus nur die „Anerkennende Liebe“ Gottes gegenüber jenen, die Seine Gebote halten, bestätigt. Hier sind noch zwei Stellen (neben Joh 15,9-10), die dasselbe sagen:
„Denn der Vater selbst hat euch lieb (und warum liebt Er dich?), weil ihr mich geliebt und geglaubt habt, dass ich von Gott ausgegangen bin.“ (Joh 16:27, Hervorhebung durch den Autor)
„Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt (also, wer diese Bedingung erfüllt), wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbar machen. … Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten, und (aus diesem Grund) mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.“ (Joh 14:21, 23, Hervorhebung durch den Autor)
Beachten wir, dass Jesus hier nicht Versprechen an wenig hingegebene Gläubige macht, dass Er ihnen in einer besonderen Weise näher kommen würde, sollten sie damit beginnen, sein Wort zu halten. Nein, Jesus verspricht, dass wenn jemand damit beginnt, Ihn zu lieben und Sein Wort zu halten, dass dann – wenn diese Bedingungen erfüllt sind – Sein Vater diese Person lieben würde, und sowohl Er als auch der Vater würden kommen, um in dieser Personen zu wohnen, was sich klar auf die Wiedergeburt bezieht. In jedem, der wiedergeboren ist, wohnen sowohl der Vater als auch der Sohn durch den Heiligen Geist (vgl. Röm 8,9). Wir sehen also, wie die Schrift so oft bekräftigt, dass jene, die wahrhaftig wiedergeboren sind, jene sind, die umgekehrt sind und begonnen haben, Jesus zu gehorchen. Und diese sind die einzigen, die so die „anerkennende Liebe“ des Vaters empfangen. Gott bevorzugt solche Menschen in besonderer Weise – Er kommt, um in ihnen zu wohnen. Das tut Er nicht für jene, denen Er nur mit „barmherziger Liebe“ begegnet.
Die Schlussfolgerung
Sehen wir uns noch einmal die sechs Klischees an
1.) Gott liebt jeden Menschen bedingungslos. Das stimmt nicht. Gottes „anerkennende Liebe“ ist definitiv an Bedingungen geknüpft. Sogar seine „barmherzige Liebe“ hängt davon ab, dass der Mensch physisch lebt. Nach dem Tod endet diese „barmherzige Liebe“, also ist sie bedingt und zeitlich.
2.) Gott liebt alle Menschen gleich. Das stimmt nicht. Gott liebt nicht jedermann gleich, denn alle – Sünder und Heilige gleichermaßen – schätzt und verwirft Er in unterschiedlichen Abstufungen. Es stimmt mit Sicherheit, dass Gottes Liebe nicht dieselbe ist für Seine Kinder und die Kinder des Teufels. Seine Kinder liebt er weit mehr als jene, die nicht wiedergeboren sind. Er liebt sie mit einer „anerkennenden Liebe“, weil sie umgekehrt sind und sich bemühen, Seine Gebote zu halten. Je mehr sie in der Heiligung wachsen, umso weniger Anlass gibt es für Ihn, sie mit einer „barmherzigen Liebe“ zu lieben, und umso mehr Gründe gibt es, sie mit einer anerkennenden Liebe zu lieben, was genau das ist, was sie sich eigentlich ersehenen.
3.) Du kannst nichts tun, um, dir die Liebe Gottes zu verdienen. Das stimmt nicht. Jeder kann und jeder sollte Jesus „anerkennende Liebe“ durch Umkehr und Gehorsam verdienen. Es stimmt allerdings, dass niemand Seine „barmherzige Liebe“ verdienen kann, denn diese ist bedingungslos.
4.) Die Liebe Jesu gründet nicht auf unseren Leistungen. Das stimmt nicht. Gottes „barmherzige Liebe“ hängt nicht von unserem Verhalten ab, Gottes „anerkennende Liebe“ sehr wohl.
5.) Du kannst nichts tun, aufgrund dessen Jesus aufhören würde, dich zu lieben. Das stimmt nicht. Ein Christ kann die „anerkennende Liebe“ Jesu wieder verlieren, indem er zum Leben in Sünde zurückkehrt, um wie ein Ungläubiger zu leben. Hier begibt er sich wieder auf eine Stufe, wo er nur mehr Jesu „barmherzige Liebe“ erfahren kann. Und gleicherweise kann der Ungläubige sterben, und damit hätte die „barmherzige Liebe“ Jesu für ihn ein Ende, die einzige Liebe die Jesus je für ihn hatte.
6.) Du kannst nichts tun, damit Jesus dich mehr oder weniger liebt, als er es jetzt tut. Das stimmt nicht. Es gibt etwas, das Gläubige tun können, damit die anerkennende Liebe Jesu ihnen gegenüber zunimmt: Sie können gehorsamer werden. Und es gibt etwas, das sie tun können, damit die anerkennende Liebe Jesu ihnen gegenüber abnimmt: Sie können ungehorsam werden. Jene, die noch keine Kinder Gottes sind, können auch etwas tun, damit Gott sie noch viel mehr liebt: Umkehren. Sie würden damit zum ersten Mal Gottes anerkennende Liebe empfangen. Und sie können etwas tun, damit Gott sie weniger liebt: Sterben. Nochmals, damit würden sie die einzige Art Liebe verlieren, die Jesus je für sie hatte, Seine barmherzige Liebe.
Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass diese weit verbreiteten Klischees nicht nur falsch sind, sondern der Sache Christi immens schaden. Ungläubige, die diese Sätze hören, könnten zu dem Denken verleitet werden, dass sie nicht umkehren müssten; und Gläubige könnten zu dem Gedanken verleitet werden, dass Heiligung nicht besonders wichtig ist. Doch Jesus warnte uns, dass nur jene, die den Willen des Vaters tun, in das Reich Gottes eintreten dürfen (Mt 7:21).